IT-Dino, Dividendenaristokrat und Turnaround-Kandidat 2021?!
Big Blue: Entstehungsgeschichte, Geschäftsmodell und Zukunftsaussichten
Diese Unternehmensvorstellung ist ein Gastartikel von DividendeOhneEnde. Siehe Autorenbox weiter unten. Zusammen haben der Autor dieses Artikels und der gastgebende Blogbetreiber auch ein ergänzendes Video über IBM aufgenommen. Siehe weiter unten im Artikel.
Die Technologie, unendliche Möglichkeiten. Taxis fahren in Zukunft autonom, Pakete werden per Drohne geliefert und auch die kniffligste Herzoperation übernimmt zukünftig ein Roboter. Was sich nach einem verrückten Science-Fiction-Film anhört, wird wohl in einigen Jahren Realität sein. Warum auch nicht?
Die Künstliche Intelligenz ist effizient, macht keine Fehler, verlangt keine Gehaltserhöhung und geht auch nicht in den Urlaub. Einer Studie der University of Oxford zufolge übernehmen Künstliche Intelligenzen in den nächsten 25 Jahren rund 47 Prozent aller Jobs - zumindest in den weiterentwickelten Ländern. Der Digitale Wandel wurde auch hier im Blog bereits thematisiert. Schon heute steckt mehr Computerleistung in einem herkömmlichen Smartphone als damals in den Raketen, die zum Mond geflogen sind. Wir erleben also aktuell eine Revolution der Digitalisierung.
Als langfristig orientierter Investor möchte man natürlich von diesem enormen Zukunftspotential profitieren. Natürlich kann man mit Unternehmen wie Apple, Microsoft oder Alphabet wenig falsch machen, wer hingegen eine hohe Dividendenrendite und den absoluten Turnaround-Kandidaten sucht, sollte sich definitiv IBM mal genauer ansehen.
Werfen wir also heute einmal gemeinsam einen Blick auf die Entstehungsgeschichte, das Geschäftsmodell und natürlich auch die Zukunftsaussichten des amerikanischen IT- und Beratungsunternehmens.
Entstehung und das Geschäftsmodell der International Business Machines Corp.
Lass uns hierzu eine Zeitreise ins Jahr 1849 machen. Die Pfalz gehörte damals noch zum Königreich Bayern, doch sie wollte sich mit dem Pfälzer Aufstand loslösen. Kurzerhand entschieden sich einige Familien, das Land zu verlassen - so auch die Holleriths, die mit ihren beiden Töchtern von der pfälzischen Ortsgemeinde Großfischlingen in die USA auswanderten.
Knapp 11 Jahre später, am 29. Februar 1860 bekam die Familie mit ihrem ersten Sohn Herman erneut Nachwuchs. Er besuchte erst das New York City College und absolvierte im Alter von 19 Jahren sein Ingenieursstudium an der Columbia University. Im Jahr 1880 wirkte er bei der amerikanischen Volkszählung mit, die damals noch zähe 7 Jahre in Anspruch nahm. Hollerith erkannte, wie ineffektiv diese Arbeit war und suchte fortan nach einer Möglichkeit, solche und ähnliche Vorgänge zu beschleunigen.
Bei einer Zugfahrt beobachtete er einen Eisenbahnschaffner, der Passagiermerkmale auf dem Ticket auslochte. So verhinderte man, dass die Tickets heimlich weitergereicht wurden. Aus dieser Idee heraus entwickelte der junge Ingenieur seine innovative Tabelliermaschine, die mithilfe von Lochkarten Daten auslesen konnte.
Nach einigen Tests wurde seine Maschine im Jahr 1890 zur Volkszählung genutzt. Nun benötigte es nur noch 43 Maschinen, um das gesamte amerikanische Volk innerhalb von 2 Jahren zu zählen. Kein Wunder, dass diese Innovation schnell die Runde machte und sich Hollerith im Jahr 1896 dazu entschied, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Die Tabulating Machine Company war geboren.
Das Geschäft lief sehr gut, und man konnte seine Maschinen über die Jahre deutlich weiterentwickeln. Schließlich entschied sich Hollerith am 16. Juni 1911, sein Unternehmen für die stolze Summe von 1,2 Millionen US-Dollar (entspräche heute etwa 33 Mio.) zu verkaufen. Genauer gesagt fusionierte man die Tabulating Machine Company mit drei weiteren aufstrebenden Unternehmen zur neuen Computing-Tabulating-Recording Company.
Kurze Zeit später wurde Thomas John Watson zum Chef des Unternehmens, der es über die nächsten Jahrzehnte führen und maßgeblich ausbauen sollte. So konzentrierte man sich immer mehr auf den Geschäftskundenbereich, weshalb man sich auch im Februar 1924 für eine Umbenennung in International Business Machines Corporation entschied.
Von der Lochkarte zum Quantencomputer
Immer wieder musste Watson mutige Entscheidungen treffen, die sich später auszahlen sollten. So beschloss er beispielsweise während der schlimmen Weltwirtschaftskrise, massiv Geld zu investieren, um die Produktion auf Biegen und Brechen am Leben zu halten. Während einige Konkurrenten bankrott gingen, konnte sich IBM lukrative Regierungsaufträge sichern und ging als klarer Gewinner aus der Krise hervor.
Während und auch nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte IBM geschickt militärische Investitionen, um an der Computertechnologie weiter zu forschen. Man ließ die veralteten Lochkartensysteme hinter sich und wandte sich nun der elektronischen Datenverarbeitung zu. Mit dem IBM 604 brachte man 1948 den ersten elektronischen Rechner auf den Markt. In den 1960er-Jahren konnte man seine Monopolstellung deutlich ausbauen, als man den ersten universell einsetzbaren Business-Computer veröffentlichte, der weltweit großen Anklang fand.
Mit der Diskette, dem ersten Geldautomaten, dem ersten tragbaren Rechner und dem Laserdrucker folgten viele weitere bahnbrechende Innovationen aus dem Hause IBM. Auch die 80er-Jahre begannen mit der Einführung des Personal-Computers, den man als Antwort auf den erfolgreichen Apple II auf den Markt brachte, ziemlich vielversprechend.
IBM war zweifelsohne das Lieblingskind der Wall Street. Doch als nach und nach mehrere Konkurrenten günstigere Computer auf den Markt brachten, verlor IBM seine Marktführerschaft. Die bürokratische Struktur von IBM und einige folgenschwere Managementfehlentscheidungen führten schließlich zu einer katastrophalen Unternehmenskrise.
Um zu überleben, musste man rund 200.000 Mitarbeiter entlassen und sich komplett neu ausrichten. So wandte man sich vermehrt dem Software- und IT-Dienstleistungsbereich zu. In diesem Zug übernahm man im Oktober 2002 die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers Consulting, zog sich im Jahr 2005 vollständig aus dem unprofitablen PC-Geschäft zurück und verkaufte seine Sparte an Lenovo.
In den folgenden Jahren konzentrierte sich IBM immer stärker auf die Themen Quantencomputer, Cloudlösungen, Künstliche Intelligenz und Internet der Dinge. Außerdem zählt man mit seinen Beratungsdienstleistungen zu den führenden seiner Branche. Heute beschäftigt IBM weltweit über 352.600 Mitarbeiter und teilt seine Geschäftsfelder hauptsächlich auf fünf verschiedene Bereiche auf:
- Cloud & Cognitive Software: Hier werden Softwareplattformen und -lösungen von IBM zusammengefasst, die verschiedene Cloud-, Daten- und KI-Lösungen bereitstellen. (ca. 30 Prozent des Umsatzes)
- Global Business Services: In diesem Segment konzentriert sich IBM auf Dienstleistungen in den Bereichen Beratung, Geschäftsprozess- und Anwendungsmanagement. (ca. 21,5 Prozent des Umsatzes)
- Global Technology Services: Hier stellt man umfassende IT-Infrastruktur für Geschäftskunden bereit. (ca. 35,5 Prozent des Umsatzes)
- Systems: Hier bietet man Kunden innovative Infrastrukturplattformen, um die Anforderungen von hybriden Multi-Cloud- und Enterprise-KI-Workloads zu erfüllen. (ca. 10 Prozent des Umsatzes)
- Global Financing: Wie es der Name schon vermuten lässt, kümmert sich IBM in diesem Segment um alle möglichen Finanzierungsgeschäfte, um seinen Kunden den Erwerb von Systemen und Softwarelösungen zu erleichtern. (ca. 2 Prozent des Umsatzes)
Alles in allem kann man behaupten, dass IBM über die Jahre mehrfach bewiesen hat, dass man wandlungsfähig ist und auch längere Durststrecken verkraften kann.
Zukunftsaussichten
Bevor ich näher darauf eingehe, wie sich IBM in Zukunft entwickeln kann, möchte ich einen Blick auf die Zahlen des zuletzt veröffentlichten Quartals (Q3 2020) werfen. Der Umsatz ging gegenüber dem Vorjahresquartal um 3 Prozent auf nun 17,6 Milliarden US-Dollar zurück. Während sich die vier anderen Geschäftsfelder negativ entwickelten, konnte der Bereich Cloud & Cognitive Software um 19 Prozent zulegen.
Diesen Zuwachs hat man zweifelsohne auch der kostspieligen Übernahme von Red Hat, dem weltweit führenden Anbieter für Open-Source-Cloud-Software, zu verdanken. Im Sommer 2019 schloss IBM die 34 Milliarden US-Dollar teure Akquisition ab. Ich bin zuversichtlich, dass diese Übernahme sinnvoll war und sich langfristig auch auszahlen wird, allerdings musste IBM hierfür ganz schön tief in die Tasche greifen.
Und genau da sind wir beim Thema der Zukunftsaussichten. Meiner Meinung nach hat der neue CEO Arvind Krishna eine Menge Aufgaben vor sich. Er gilt als Hoffnungsträger, der den IT-Riesen wieder auf Fahrt bringen soll. In diesem Zug sollte man sich auf ein profitables Geschäftsfeld konzentrieren und da die gesammelte Kraft hineinstecken. Hier und da ein wenig mitzumischen, funktioniert einfach nicht, was man wohl auch am Aktienchart beobachten kann, der seit 2013 im Sinkflug ist.
Erst kürzlich verkündete er einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung: Bis Ende 2021 möchte sich IBM aufspalten und sein IT-Infrastrukturgeschäft als eigenständiges Unternehmen an die Börse bringen. Zukünftig möchte man sich bei IBM selber vermehrt auf die Hybrid-Cloud und Künstliche Intelligenzen konzentrieren.
Wie gesagt, wenn sich diese und folgende Schritte als erfolgreich herauskristallisieren, könnte IBM ein wunderbarer Turnaround-Kandidat werden. Ich für meinen Teil werde dies in den nächsten Quartalen beobachten und dann eventuell eine kleinere Position aufbauen.
Nachfolgend noch einige Finanzkennzahlen von IBM (Stand 22.12.2020):
IBM ist seit 2020 Dividendenaristokrat
Ihre erste Gewinnbeteiligung haben IBM (bzw. damals noch CTR) Aktionäre bereits im Jahr 1913 erhalten. Seit dem Jahr 1916 ist es dem Konzern gelungen, in jedem Quartal eine Dividende auszuschütten. Sie konnte zwar nicht immer gesteigert werden, aber dennoch ist dies über einen so langen Zeitraum eine ordentliche Leistung.
In diesem Jahr ist IBM - trotz Corona, was andernorts vielfach zu Dividendenkürzungen führte - in den erlesenen Kreis der Dividendenaristokraten aufgestiegen. Diesen begehrten Titel verdient man sich mit einer Historie von mindestens 25 Jahren Dividendenerhöhung in Folge.
In dem Bild oben siehst du einige Dividendenkennzahlen der IBM Aktie. Durch Anklicken ist das Bild vergrößerbar.
Die aktuelle Dividendenrendite liegt bei stolzen 5,17 Prozent - was sicherlich auch dem fallenden Aktienkurs geschuldet ist.
Das Dividendenwachstum betrachtet auf die letzten 10 Jahre liegt noch bei ordentlichen 10,3 Prozent, wohingegen bei einem Betrachtungszeitraum der letzten 5 Jahren die Dividende “nur” noch um 5,7 Prozent jährlich gesteigert wurde.
Die Ausschüttungsquote mit momentan 73,7 Prozent dürfte meiner Meinung nach aber gerne geringer sein. Ganz generell würde ich es sogar befürworten, dass IBM die Dividende kürzt oder pausiert, um sich wieder gestärkt für eine erfolgreiche Zukunft zu positionieren.
Fazit
Der IT-Gigant International Business Machines Corporation hat eine lange und spannende Entstehungsgeschichte hinter sich, die zweifelsohne seinesgleichen sucht. Die Aktie hingegen ist seit einigen Jahren schwächer geworden, weshalb der neue CEO nun auch einiges zu tun hat. Die erneute Umstrukturierung könnte IBM mittelfristig wieder in die Spur bringen und zu alter Stärke zurückführen.
Ergänzendes Video zu diesem Artikel
Benedikt und ich haben gemeinsam ein Video aufgenommen, in dem wir einige Themen rund um IBM noch etwas ausführlicher besprechen. Unter anderem betrachten wir den Wandel von Big Blue über die Jahre, besprechen die aktuelle Neuausrichtung in Richtung Hybrid Cloud Services, die damit einhergehende teure Übernahme von Red Hat, die Ankündigung, IBM aufzuspalten und die Installation des neuen CEO.
Wir besprechen auch noch einmal, ob und wann Benedikt in IBM investieren würde und wie ich es mit einer Beteiligung an dem Unternehmen halte. Das Video ist keine Wiederholung dieses Artikels, sondern eine wertvolle Ergänzung, und von daher lautet meine klare Empfehlung: Anschauen!
Über den Gastautor
Mein Name ist Benedikt und ich bin Betreiber der Webseite DividendeOhneEnde.de - dort stelle ich wöchentlich ein tolles Unternehmen vor, das der eine oder andere Anleger vielleicht noch nicht auf dem Schirm hatte.
Dabei handelt es sich definitiv nicht um Aktienanalysen. Ich konzentriere mich eher auf die Geschichte dahinter, um ein besseres Verständnis über die jeweiligen Firmen und ihre Beweggründe zu erhalten. Ganz nach Buffetts Motto: "Investiere nur in eine Aktie, deren Geschäft du auch verstehst."
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Benedikt war so freundlich und hat mir sein Werk zugeschickt. Ich hab es mit großem Interesse gelesen, muss wirklich sagen, dass es mir sehr gut gefällt. Als Anleger bekommt man hier fünf Musterdepots vorgestellt. Außerdem geht er auf insgesamt 60 verschiedene Aktien ein. Ich habe in dem Buch sowohl Inspiration für neue Investments als auch Bestätigung für Aktien in meinem Depot erhalten. Gerade auch für Neueinsteiger an der Börse kann sich dieser Depotplaner lohnen, es ist für jeden was dabei.
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